Emotionale Dysregulation: Was dem unsicheren Bindungstyp hilft

von | Nov. 20, 2023 | 11 Kommentare

Emotionale Dysregulation bedeutet, dass es uns schwerfällt, mit intensiven Emotionen umzugehen und angemessen auf sie zu reagieren. Die Fähigkeit zur emotionalen Regulation entwickeln wir als Kind. Ausschlaggebend ist, wie wir als Kind die Bindung zu unseren Bezugspersonen erlebt haben.

Ist die Bezugsperson für das Kind verfügbar und befriedigt sie seine Bedürfnisse, hilft sie dem Kind seine Emotionen auf gesunde Weise zu erkennen. Es lernt so, sie zu verarbeiten und auszudrücken.

Anders ist es, wenn die Bezugspersonen die Bedürfnisse des Kindes nicht oder nicht angemessen erfüllen. Dann erfährt das Kind Not. Erlebt es diese Not häufig, ist es im Erwachsenenalter weniger fähig, mit Emotionen angemessen umzugehen.

Emotionen regulieren zu können, bedarf einer Reihe von Fähigkeiten. Diese sind notwendig, damit wir als Erwachsene unabhängig, glücklich und in Frieden unser Leben leben können. Emotionale Dysregulation hemmt viele Bereiche unseres Lebens – insbesondere Liebesbeziehungen.

In diesem Beitrag erfährst du,

  • warum emotionale Dysregulation durch Bindung beeinflusst wird.
  • wie sicher gebundene Menschen ihre Emotionen regulieren.
  • wie der unsicher ambivalente und der unsicher vermeidende Bindungstyp mit Emotionen umgeht.
  • was du als unsicherer Bindungstyp tun kannst, um deine Emotionen zu regulieren – 5 praktische Tipps, die dich bei der Selbstregulation unterstützen.

 

Warum wird emotionale Dysregulation durch Bindung beeinflusst?

Emotionale Dysregulation Bindung Mutter Kind Beitragsbild Blogbeitrag

Sicher gebundenen Menschen fällt es bedeutend leichter, ihre Emotionen zu regulieren als unsicher gebundenen Menschen. Sie erlebten als Kind, dass ihre Bezugspersonen feinfühlig auf ihre Bedürfnisse eingingen und sie erfüllten. So haben sie gelernt, dass es wichtig ist, Emotionen zu haben und zu fühlen. Ebenso sie zum Ausdruck zu bringen. Das befähigt sicher gebundene Menschen, über ihre Gefühle sprechen zu können und ihre Emotionen zu regulieren.

Durch sichere Bindung lernt das Kind, Emotionen zu regulieren. Das wiederum stärkt die Bindung zur Bezugsperson. Sichere Bindung und Emotionen regulieren verstärken sich also gegenseitig.

Wenn wir schon früh lernen, unsere Emotionen zu regulieren, wirkt sich das auch auf die Zeit als Teenager aus. Wir kommen so leichter durch die verwirrende Zeit der Pubertät. Und schließlich können wir auch als Erwachsene angemessen mit unseren Emotionen umgehen.

Ob sicherer oder unsicherer Bindungsstil – wie wir gelernt haben, unsere Emotionen zu regulieren, zeigt sich am deutlichsten in unseren Liebesbeziehungen.

Der unsichere Bindungstyp hat mit emotionaler Dysregulation zu kämpfen, da er auf Strategien zurückgreift, die er als Kind lernen musste. Ihm fällt es schwer, seine eigenen Emotionen und die des Gegenübers angemessen einzuordnen.

Er versucht zu verstehen, warum er sich so fühlt und was die Emotionen des anderen zu bedeuten haben.

Der sicher gebundene Mensch vertraut seinen Emotionen. Ihm fällt es leicht, die Emotionen seines Gegenübers einzuordnen. Er hat vor allem keine Angst vor seinen eigenen Emotionen. Und auch nicht vor den Emotionen seines Gegenübers.

Emotionen sind für ihn etwas Wichtiges. Sie helfen ihm, seine Bedürfnisse zu befriedigen. Der unsicher gebundene Mensch hat gelernt, dass seine Emotionen ihn in große Not bringen. Er kennt es nicht, dass er Bedürfnisbefriedigung erfährt, wenn er seine Emotionen zeigt.

Wie geht nun ein sicher gebundener Mensch mit seinen Emotionen um? Und was machen unsicher gebundene Menschen anders?

 

Wie sicher gebundene Menschen mit ihren Emotionen umgehen

Sicher gebundene Menschen deuten eine beunruhigende Situation nicht als bedrohlich, sondern als das, was sie ist: beunruhigend. Sie sind in der Regel optimistischer und reagieren angemessen auf Konflikte oder innere Not.

Im Umgang mit Bedrohungen oder Gefahren sind sie selbstbewusster. Sie haben genügend Abstand zum Geschehen, um nach einer Lösung für ein Problem zu schauen.

Emotionale Not geht vorüber. Das haben sie so gelernt. Sie haben erlebt, dass ihnen geholfen wird, wenn sie in Schwierigkeiten sind. Als Kind fühlten sie sich beschützt und unterstützt, um ihre Welt sicher zu erforschen.

So ist die Welt für sie zum Entdecken da, statt ein Ort der Furcht und des Schreckens. Dadurch begegnen sie dem Leben als Erwachsene mit Gelassenheit und Zuversicht.

 

Was unsicher gebundene Menschen anders machen 

Menschen mit unsicherer Bindung haben Schwierigkeiten, Emotionen zu erkennen und zu verstehen. Sie kämpfen eher, als dass sie achtsam mit sich sind. Sie haben eben nicht erfahren, wie es ist, seinen Emotionen zu vertrauen.

Es ist ihnen fremd, sie als Verständigungsmittel für ihre Bedürfnisbefriedigung einzusetzen. Sie haben nicht erfahren, dass entsprechend ihrer Emotionen auf ihre Bedürfnisse reagiert wird. Die Not, die damit einhergeht, führt schließlich zur emotionalen Dysregulation. Das wiederum führt zu einer verzerrten Wahrnehmung der eigenen Emotionen.

Wenn ich als Kind schreie, weil ich Hunger habe, drücke ich ein Bedürfnis aus. Werde ich ignoriert oder angeschrien, lerne ich nicht, dass mein Weinen und meine Hilflosigkeit für etwas gut sind. Ich lerne auch nicht, dass diese Emotion angemessen ist. Was ich lerne ist, dass ich nicht bekomme, was ich brauche. Meinen Emotionen kann ich so nicht vertrauen. Ich erfahre vielmehr, dass sie mich in Not bringen.

Mit emotionalen Herausforderungen angemessen umzugehen fällt mir somit später schwer. Emotionen, so glaube ich, sind mir nicht dienlich. Sie sind unangenehm. Das ist der Grund, warum viele Menschen im Erwachsenenalter ihre Emotionen nicht spüren wollen. Sie wollen sie weghaben.

 

Der ambivalente Bindungstyp und emotionale Dysregulation

Ambivalenter Bindungstyp Beitragsbild Blogbeitrag Emotionale Dysregulation

Frauen mit ambivalentem Bindungsstil neigen dazu, ihre emotionalen Reaktionen durch negatives Gedankenkreisen zu bewältigen. Da der Kontakt zu den eigenen Emotionen verzerrt ist, versuchen sie unbewusst, durch Nachdenken einen Ausgleich zu schaffen. Es gibt einen gewissen Halt, wenn ich unentwegt mit einer Sache oder Person beschäftigt bin.

Die vorrangigen Emotionen, die unsicher ambivalente Frauen spüren, sind für gewöhnlich Angst und Sorge. Auch wenn sie sich an die Zeit als Kind erinnern, sind sie oft traurig oder spüren Angst.

Ihnen fällt es meistens schwer, etwas Positives an dem zu finden, was ihnen geschieht. Eine Trennung beispielsweise ruft eher viele negative Erinnerungen an vergangene Erfahrungen wach. Sich zu fragen, was auch gut an der Trennung sein kann, ist ihnen kaum möglich.

Zudem begleitet sie oft eine große Angst vorm Alleinsein. Das führt dazu, dass sie an Liebesbeziehungen festhalten, selbst wenn sie sehr unter ihnen leiden. Loslassen ist gerade für den ambivalent gebundenen Bindungstyp ein großes Thema.

Spürt er emotionale Not, kann er sich kaum auf etwas anderes konzentrieren als auf den Auslöser für die Not.

Unsicher ambivalente Frauen denken und grübeln intensiv darüber nach und finden so zu keiner Lösung. Das viele Grübeln verstärkt ihre Ängste und Sorgen. Der emotionale Stress nimmt so mehr und mehr zu.

Indem sie unaufhörlich an den anderen denken, drücken sie auch ihre große Sehnsucht nach Nähe aus. Sie spielen die erlebten Situationen mit der anderen Person gedanklich immer wieder durch. So können sie sich ihr nah fühlen. Im direkten Kontakt kann es auch zum Anklammern an den anderen kommen. Nach einer Trennung im Hausflur des Mannes sitzen und auf ihn warten ist eher eine Verhaltensweise des ambivalenten Bindungstyps. Der vermeidende geht da anders vor.

Oft kontrollieren ambivalent gebundene Frauen den Ex-Partner und tappen dabei in die Online Falle. Heißt, sie nutzten alle Möglichkeiten, um zu überprüfen, ob der andere online ist. Sie verbringen viele Stunden auf Social Media, um etwas über ihn herauszufinden.

Viele Frauen leiden sehr darunter, damit nicht aufhören zu können. Sie bezeichnen sich selbst als Stalkerin. Falls das auch auf dich zutrifft, mache dir bewusst, dass dein Verhalten Ausdruck deiner Sehnsucht nach Nähe ist. So dürfte es leichter für dich sein, dich dafür nicht mehr zu verurteilen.

 

Der vermeidende Bindungstyp und emotionale Dysregulation

Vermeidender Bindungstyp Beitragsbild Emotionale Dysregulation

Der vermeidende Bindungstyp wendet eher distanzierende Strategien an, um mit emotionaler Not fertig zu werden. Er erinnert sich auch weniger an Traurigkeit oder Angst in seiner Kindheit. Fragt man ihn, hört man eher so was wie: „Ja, ja, war schon alles in Ordnung damals.“

So vermeidet er, erneut zu fühlen, was er als Kind erlebte: dass seine Bedürfnisse nicht oder nicht angemessen erfüllt wurden und er wenig bis gar keine Unterstützung erfuhr.

Während der ambivalente Bindungstyp viel nachdenkt, unterdrückt der vermeidende seine Gedanken eher. Das dient ebenso als Abwehr gegen intensive Emotionen, wie das viele Nachdenken bei dem ambivalenten Bindungstyp.

Auch im Kontakt ist Distanz die Strategie des vermeidenden Bindungstypen. So wird man Ghosting typischerweise beim vermeidenden Bindungsstil vorfinden. Sicher nicht beim ambivalenten, da er eher dazu neigt, festzuhalten und zu klammern.

Indem der vermeidende Bindungstyp sich distanziert, stellt er sicher, selbst nicht abgelehnt zu werden. Das hat er so von seinen Bezugspersonen gelernt.

Viel zu früh war er auf sich allein gestellt. Für ein kleines Kind ist das sehr verstörend. Es ist ihm nicht möglich, das als etwas anderes zu deuten als abgelehnt zu werden: „Was stimmt denn mit mir nicht, dass die Menschen, die mich lieben, sich mir nicht zuwenden?“

Als Erwachsener wendet er sich dann selbst von denen ab, die ihn lieben. Natürlich geschieht das unbewusst. Es zeigt die tiefe Wunde, die er schützen will, um nicht erneut von einem geliebten Menschen abgelehnt zu werden.

 

Unsicher gebundene Menschen kämpfen nicht immer mit emotionaler Dysregulation

Es liest sich so, als würden unsicher gebundene Menschen immer so reagieren, wenn sie sich emotional herausgefordert fühlen. Doch das ist nicht in allen Lebenssituationen der Fall.

Wie eingangs bereits erwähnt, kommt es vor allem in Liebesbeziehungen vor. Hier zeigen sich die Bewältigungsstrategien der verschiedenen Bindungstypen am deutlichsten.

So distanziert sich der vermeidende Bindungstyp vor allem in Konflikten. Oder wenn er sich von Nähe bedroht fühlt, weil die andere Person klammert. Ebenso, wenn der Partner sich Nähe mit ihm wünschst und er sich noch nicht wirklich sicher in der Beziehung fühlt. Und wenn es ihm zu schnell geht. Er also noch gar nicht im Sinn hat, sich näher auf die Beziehung einzulassen.

Mit Anklammern und Kontrolle reagieren vermeidende Bindungstypen, wenn sie Angst bekommen, die Nähe des Partners zu verlieren. In einer festen Beziehung kann das beispielsweise in einem Streit sein. Oder auch, wenn der Partner mal etwas alleine machen möchte, auf Geschäftsreise ist, o.ä.

In unverbindlichen Beziehungen geschieht es dann, wenn die andere Person sich von ihm entfernt. „Immer wenn ich mich nicht mehr melde, meldet er sich früher oder später bei mir“, höre ich oft von Frauen. Das macht das Loslassen für sie noch schwerer. Zu Recht fragen sie sich, ob er die Beziehung nun doch will. Doch meistens liegt es an dem starken Nähebedürfnis, das in dem vermeidenden Bindungstyp aufkeimt. Nähert sich die Frau ihm jetzt an, geht er erneut auf Abstand. Denn die Angst vor Nähe steigt wieder in ihm auf. Daraus kann sich eine sehr kräftezehrende Nähe-Distanz-Dynamik entwickeln.

 

Was du tun kannst, um deine Emotionen zu regulieren

Was unsicher gebundene Menschen am dringendsten brauchen ist, sich sicher, gesehen und unterstützt zu fühlen. Ein sicher gebundener Partner ist in der Lage und gerne bereit, das seinem unsicher gebundenen Partner zu geben.

Doch was ist, wenn du Single bist? Wenn da kein Partner ist, der dir hilft, die durch deinen Bindungsstil verursachten intensiven Emotionen auf gesunde Weise zu verarbeiten?

Die gute Nachricht ist: Du bist deinen Emotionen nicht hilflos ausgeliefert. Bisher hat sich das vielleicht so angefühlt. Doch mit der passenden Vorgehensweise schaffst du es, dich aus dir selbst heraus sicher, gesehen und geschützt zu fühlen.

5 praktische Tipps, die dich bei der Selbstregulation unterstützen

Tipp #1: Sprich mit dir

Mit einem sicher gebundenen Partner kannst du über deine Emotionen sprechen. Wenn du ohne Partner bist, kannst du mit deinen Emotionen sprechen. Emotionen sind etwas ganz Natürliches. Sie gehören zu uns Menschen. Jede Emotion enthält eine Botschaft. Du kannst dich deinen Emotionen zu wenden und sie fragen, was sie dir sagen wollen.

Es gibt dieses wunderbare Kinderbuch „Du bist also meine Angst“, das auf bezaubernde Weise Kindern hilft, mit Angst umzugehen. Die Angst wird da als ein Wesen dargestellt, mit dem das Kind sprechen kann. So können wir das auch als Erwachsene tun und dadurch von unseren Emotionen lernen. Das hilft dir auch, dich nicht mehr zu verurteilen für das, was du fühlst.

Selbstregulation Emotionale Dysregulation Beitragsbild

Tipp #2: Überprüfe deine Urteile

Wenn wir über uns und andere urteilen, verletzen wir eine Person ganz besonders: uns selbst.

Ein anderes Wort für Selbstverurteilung ist Scham. Indem wir über uns und andere urteilen, beschämen wir uns auf ungesunde Weise immer wieder erneut. Somit halten wir unsere alten Bindungsverletzungen aufrecht. Das kann in einem Teufelskreis aus Urteilen und schmerzenden Emotionen münden. Der sieht dann so aus: Wir verurteilen uns für das, was wir denken, fühlen und wie wir uns verhalten und handeln.

Die selbstverletzenden Urteile führen zu Emotionen wie Angst, Hilflosigkeit, Ohnmacht, Wut, etc. Weil die Emotionen so intensiv sind und wir uns ihnen ausgeliefert fühlen, urteilen wir wieder über uns. Das Gedankenkreisen facht die Emotionen an. Die Emotionen fachen das Gedankenkreisen an. Ohne dass wir das wollen, streuen wir so immer wieder Salz in unsere alten Bindungswunden.

Höre auf, dich für das, was du denkst und fühlst zu verurteilen. Höre auch auf, über andere zu urteilen. Urteile trennen dich von dir selbst und anderen. Du hilfst damit niemandem und schadest nur dir selbst.

Ich empfehle dir The Work of Byron Katie. Mit dieser Methode lernst du, frei von belastenden Gedanken über dich und andere zu werden. Mit meinem Audio Paket „Gedanken loslassen & Liebeskummer überwinden“ kannst du The Work auf leichte Weise lernen.

 

Tipp #3: Fokussiere dich auf die Situation

Gerade der ambivalente Bindungstyp neigt dazu, sich in den intensiven Emotionen zu verlieren. Oft hat er das Gefühl, alles und jeder ist gegen ihn. Das löst immensen emotionalen Stress aus. Passiert dir das, probiere, die Situation in den Blick zu nehmen, in der die intensiven Emotionen entstanden sind. Beispielsweise der Moment, als du auf dein Handy schaust und siehst, dass er dir noch immer nicht geantwortet hat.

Bleibe bei dieser Situation und stelle fest, was du in dieser Situation fühlst. Frage dich, wegen wem du das fühlst und warum. Werde dabei so genau wie möglich. Gehe bis ins kleinste Detail. So lernst du, dich auf etwas zu fokussieren, statt dich in deinen Gedanken zu verlieren.

Nimm dir einen Gedanken heraus, am besten den, der am häufigsten wiederkehrt. Überprüfe diesen Gedanken. Am besten geht das mit The Work of Byron Katie. Führst du diese Methode über einen längeren Zeitraum durch, drehst du den Spieß um: nicht mehr das Gedankenkreisen hat Macht über dich. Du hast Macht über deine Gedanken. Du bestimmst dann, welchen Gedanken du Glauben schenkst und welche du vorbeiziehen lässt.

Durch The Work lernst du auch, dich deinen Emotionen zuzuwenden. So durchbrichst du den Teufelskreis aus Gedanken und Gefühlen. Dadurch wirst du gedanklich und emotional frei. Du findest innere Ruhe und Frieden und bist nicht mehr auf den Auslöser für deine innere Not fixiert.

 

Tipp #4: Sei freundlich zu dir

Wenn du gerade eine schwierige emotionale Zeit durchlebst, denke daran, dass es vielen Menschen so geht. Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude. Dieser Satz ist nicht nur ein Sprichwort. In ihm liegt sehr viel Wahrheit.

Wann immer es dir emotional nicht gut geht und die Gedanken kreisen, führe dir vor Augen: es ist sehr wahrscheinlich das Ergebnis von mangelnder Liebe und Aufmerksamkeit in deinen prägenden frühen Jahren.

Sei freundlich zu dir, wenn du das wahrnimmst. Wisse, du kannst nichts dafür, dass es einst so war. Du bist für deine frühen Erfahrungen nicht verantwortlich. Die hast du dir nicht ausgesucht.

Du bist dafür verantwortlich, was du heute aus diesen Erfahrungen machst. Das bedeutet erwachsen werden. Diese Aufgabe haben wir alle. Und wir haben alle unsere Geschichte, aus der wir das Beste machen können.

Mache dir das auch bewusst, wenn es um eine andere Person geht. Wenn es um den Mann geht, den du loslassen möchtest. Auch er hat seine Geschichte. Siehst du ihn mit sich kämpfen, denke auch bei ihm daran, dass er wahrscheinlich einen Mangel an Liebe und Aufmerksamkeit in sich trägt. Sei freundlich zu ihm. Das kommt zu dir zurück.

Gehörst du zum ambivalenten Bindungstypen, tust du das ihm gegenüber bestimmt schon. Denn das ist eine der Fähigkeiten, die der ambivalente Bindungstyp mitbringt; sich in sein Gegenüber gut einfühlen können.

Nimm dir vor, dir selbst mindestens genauso viel Einfühlung entgegenzubringen. Übe dich in Güte und Selbstmitgefühl.

 

Tipp #5: Gebe dir selbst Halt

Wenn intensive Gedanken und Emotionen uns fest im Griff haben, fühlen wir uns leicht überwältigt. Vor allem, wenn die Emotion Angst die Oberhand gewinnt. Es kommt uns so vor, als ginge es um Leben und Tod. Das ist meistens der Beginn einer Panikattacke.

Wenn wir lernen, uns selbst Halt zu geben, können wir einen Umgang mit diesen intensiven Gedanken und Emotionen finden.

Es ist leichter, dir selbst Halt zu geben, wenn du dir vergegenwärtigst, dass wir aus zwei Perspektiven auf unser Leben schauen: aus der kindlichen und aus der erwachsenen.

Vielleicht hast du gerade bei der Überschrift von Tipp #5 gedacht: „Immer muss ich alles alleine machen.“ Dieser Gedanke zeigt, dass du einst mal viel zu wenig bekommen hast und deine Bedürfnisse nicht angemessen erfüllt wurden.

Als Erwachsene ist es unsere Aufgabe, uns um uns selbst zu kümmern. Wenn dieser Gedanke auftaucht, schaust du gerade aus der kindlichen Perspektive auf dich. Das ist nichts Schlimmes. Vielmehr ist es menschlich. Es ist eine natürliche Folge des Mangels, den du einst erlebtest.

Das gilt es anzuerkennen. Denn es tut weh, wenn uns bewusst wird, dass wir nicht genug bekommen haben. Wichtig ist, nicht darin steckenzubleiben.

Wir haben alle unsere Geschichte. Die ist, wie sie ist. Wir können sie nicht rückgängig machen.

Als erwachsene Frau hast du die Möglichkeit, anders da zu sein. Du kannst deine Muster erkennen und einen anderen Zugang zu dir zu bekommen. Du bist in der Lage, dir zu geben, was dir einst gefehlt hat.

Dir selbst Halt zu geben, bedeutet nicht, dass du es allein tun musst. Du kannst für dich sorgen und dir Unterstützung holen. Dir selbst Halt geben, bedeutet als erwachsene Frau auf das Kind zu schauen, das du einst warst.

Es heißt, mit einem gewissen Abstand auf das zu schauen, was früher nicht in Ordnung war. Es bedeutet, dir bewusst zu werden, wann die intensiven Gedanken und Emotionen auftreten, wie sie sich im Körper anfühlen und was sie dir sagen wollen.

Aus dem reifen Bewusstsein einer erwachsenen Frau begegnest du den kindlichen Erfahrungen in dir. Wann immer sie sich in Form von Gedankenkreisen und intensiven Emotionen zeigen, nimmst du sie in den Arm.

Du bist in der Lage, sie da sein zu lassen. Du willst ihnen zuhören und ihre Botschaft erfassen. Das ist die erwachsenen Perspektive. Für die ist es nie zu spät. Im Hier und Jetzt ist immer ein guter Zeitpunkt, damit zu beginnen.

Lebst du aus deinem erwachsenen Bewusstsein heraus, bist du emotional frei. Dann bist du nicht mehr bereit, die Dramen aus deiner Kindheit zu wiederholen. Es ist, als würdest du über eine Brücke gehen. Du kommst aus der Vergangenheit und landest im Hier und Jetzt.

Das, was war ist vorbei. Jetzt bist du hier. Angekommen in der Gegenwart lebst du frei und glücklich mit dir. Mit Ruhe im Kopf. Voller Lebensfreude und Lebenssinn bist du offen für Neues – in der Liebe und im Leben an sich.

 

Was nimmst du mit für dich aus diesem Blogbeitrag? Hinterlasse mir gerne einen Kommentar.

Ich freue mich, von dir zu lesen.

Herzlich

Deine Jivana 

 

11 Kommentare

  1. Marion

    Oh, liebe Jovana, ich nehme soo viel mit, aus Deinem Beitrag! Wärme und Verständnis für mich und für andere und auch konkrete Tipps. Sowie den Wunsch und Willen, über die von Dir beschriebene Brücke zu gehen (und keine „Dramen“ mehr zu wiederholen.) Von Herzen vielen Dank!

  2. Marion

    Jivana sollte es oben heißen…

    (Auf dem Handy zu tippen, führt gelegentlich zu Tippfehlern. )
    Ich entschuldige mich dafür

  3. Steffi

    Vielen Dank für diese wunderbare Erklärung. Ich fühle mich manchmal vermeidend und manchmal allerdings auch ambivalent. Kann das sein, dass das auch mal wechselt oder ich mich einfach nicht ganz klar erkenne? Ansonsten habe ich mich einfach gut eingeschätzt gefühlt und ich merke, wenn ich deinen Text lese, werde ich weiche und verständnisvoller zu mir selbst. Ich finde Erklärungen dafür, warum es mir in bestimmten Situationen so geht, wie es mir geht. Und ich versuche mich von außen zu betrachten als wäre ich meine beste Freundin. Ich werde verzeihlicher.

  4. Jivana

    Liebe Steffi,
    vielen Dank für deinen Kommentar.
    Das freut mich, dass dir der Artikel hilft, verzeihlicher mit dir zu sein und du dich gut eingeschätzt fühlst.
    Ja, das kann sein, dass es wechselt, wenn wir Mischtypen sind, also zwei oder mehrere Bindungstypen in uns tragen.
    Möglich ist auch, dass das, was du fühlst, klar einem Bindungstypen zugeordnet werden kann. Der ambivalente Bindungstyp beispielsweise vermeidet Bindung ja auch.
    Wie das bei dir ist, kann ich aus der Ferne nun nicht klar sagen. Dazu müsste ich mehr aus deiner Geschichte wissen und wie du Bindung als Kind erlebt hast.
    Hilft dir das erstmal?
    Herzliche Grüße
    Jivana

  5. Jivana

    Sehr gerne, liebe Marion.
    Das freut mich, dass du aus dem Artikel so viel für dich mitnehmen kannst.
    Herzlichen Dank für dein Feedback.
    Liebe Grüße
    Jivana

  6. Jivana

    Das macht doch nichts, liebe Marion.
    Jovana ist auch ein schöner Name. 🙂
    Herzliche Grüße
    Jivana

  7. Doreen Hönel

    Liebe Jivana!
    In dem Artikel habe ich mich so sehr wiedererkannt und befinde mich emotional auch gerade auf einer Talfahrt….Insofern hat der Artikel mir auch sehr geholfen, mich besser zu verstehen und fühle etwas Erleichterung. Vielen Dank dir dafür. Liebe Grüsse Doreen

  8. Jivana

    Das freut mich, liebe Doreen, dass dir der Artikel sehr geholfen hat.
    Vielen Dank für deinen Kommentar.
    Herzliche Grüße
    Jivana

  9. Elitsa

    Hallo Jivana,
    ich habe mich schon als Kind anders gefühlt und wußte nicht, was mit mir nicht stimmt… Ich war sehr angepasst, ein braves Mädchen, wollte es jedem Recht machen…
    Jetzt werden mir viele Prozesse klar. Allmählich beginne ich mich selbst zu verstehen und wie ich mit meinen Emotionen besser umgehen kann. Dank dir und dein Talent komplizierte Zusammenhänge einfach zu erklären. 🙂

  10. Jivana

    Hallo liebe Elitsa,
    vielen Dank für deinen Kommenatr.
    Das freut mich sehr, dass dir meine Beiträge helfen, die Zusammenhänge zu verstehen und mit deinen Emotionen besser umzugehen.
    Wie schön, weiter so! 🙂
    Herzliche Grüße
    Jivana

  11. Tone Andrea

    Dieser hervorragende Beitrag kommt wie gerufen, liebe Jivana. Es geht um eine emotionale Dysbalance ob äußerer Angriffe. 3 verschiedene Kämpfe um mein Recht, die von Narzisten gnadenlos in die Höhe getrieben werden. Allein in der Löwenhöhle….Doch, bin ich wirklich auch heute allein und ausgeliefert!?… Nein. Herzensdank unter Tränen. Tone Andrea

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