Warum Liebe zu Tieren leichter zu sein scheint

von | Mai 22, 2018 | 0 Kommentare

Wenn die Frage im Raum steht, was die Liebe zu Tieren so besonders macht, kommt als Antwort eigentlich immer, dass sie im Jetzt sind, dass sie bedingungslos lieben, dass sie einen nicht kritisieren, dass sie einem immer treu sind, ja, dass sie einfach sind, wie sie sind.

Ich selbst bin mit Pferden und Hunden aufgewachsen und kann mich noch gut an die Jahre erinnern, als ich immer wieder in Liebesbeziehungen war, die von gegenseitiger Verletzung, von Verlassen werden und wieder zusammenfinden geprägt waren und wie heilsam und wohltuend mein Rückzug zu den Tieren dann immer war.

Und auch meine Antwort hätte sich damals in die obigen eingereiht. Doch heute sehe ich das etwas anders.

Das, was den gravierenden Unterschied zwischen Menschen und Tieren ausmacht, ist, dass Tiere niemals bewerten. Das können sie gar nicht, da ihnen im Gehirn der sog. Neocortex fehlt. Der Bereich, der uns Menschen genau das möglich macht – nämlich zu werten, bewerten, kritisieren, analysieren, etc. Und uns genau in die Schwierigkeiten bringt, die wir in Liebesbeziehungen so oft haben.

Wir fühlen uns vom anderen nicht gesehen, nicht wertgeschätzt, nicht gehört, gedemütigt, nicht respektvoll behandelt oder andersherum, geraten darüber in Konflikt und Streit, halten uns gegenseitig vor, was gewesen ist oder was noch sein wird oder eben nicht sein wird. Und landen dadurch in einem völlig unübersichtlichen Strudel an Bewertungen uns selbst und dem anderen gegenüber.

Wahrzunehmen, was wirklich ist, scheint dann gar nicht mehr möglich bzw. dass es möglich ist, dass wir auch die Wahl haben, einfach wahrzunehmen, geht uns oft völlig verloren. Alles, was der andere tut oder nicht tut und wie wir selbst uns verhalten durchläuft zunächst den Bewertungskanal, um dann, je nach Ergebnis, Schlüsse und Konsequenzen daraus zu ziehen.

So entsteht ein immerzu sich selbsterhaltender Wirbelsturm an Bewertungen, nicht nur in Liebesbeziehungen, auch in allen anderen Lebensbereichen, doch da oft gerade besonders, weil der ganze Gedankenstrom, was Bewertungen ja nun mal sind, zum Auslösen von verschieden starken Emotionen führt. Und das reicht dann oft von der Angst, verlassen zu werden bis hin zu Panikattacken und alles, was dazwischen liegt.

Und das alles nur, weil wir dieses Ding da in unserem Hirn haben, was uns Bewertungen überhaupt erst möglich macht.

Schauen wir uns nun an, wie das bei den Tieren ist und warum so viele Menschen so gerne ihre Liebe mit ihnen teilen.

Eben weil Tiere keinen Neocortex im Gehirn haben, sind sie nicht in der Lage, zu bewerten, Kritik zu üben, zu analysieren, zu werten. Was sie ebenso können wie wir und ebenso wie wir täglich tun, ist aus Erfahrung lernen.

Das Pferd meiner Mutter ist mal von einem Hund in die Nüstern gebissen worden. Seitdem lehnte es sehr stark die Ohren an und brachte seinen Körper in eine Abwehrhaltung, wenn ein Hund ihm so nah kam, dass er es hätte beißen können. Es nahm also die Gefahr wahr, drückte ein Stopp aus und war sofort wieder friedlich, wenn der Hund verschwand.

Wenn uns Vergleichbares passiert, machen wir weiter. Wir reden dann ganz viel über den Angreifer, wir werten ihn ab, wir verurteilen ihn oder uns selbst, dass wir nicht stark genug waren, uns gewehrt zu haben und machen aus dem eigentlichen Geschehen dadurch  ein Drama, das uns und oftmals auch anderen viel (Lebens-) Energie kostet.

Wenn wir mit einem Tier zusammen sind und es versorgen, ist das etwas, was dem Tier, insbesondere bei Hunden und Katzen ist das so, sehr schnell klar wird – mit uns kann es überleben. Deshalb baut es eine Verbindung zu uns auf, weil es einfach existentiellen Sinn für das Tier macht. Nicht mehr, nicht weniger. Es nimmt uns, so wie wir sind und selbst, wenn wir es schlecht behandeln würden, würde es bleiben, weil es ja zu fressen von uns bekommt.

Das ist der Moment, an dem viele davon sprechen, dass Tiere uns bedingungslos lieben. Ich sage: Ihr Verhalten spiegelt uns unser Bedürfnis nach bedingungsloser Liebe, dem Bedürfnis, egal, wie wir sind, angenommen zu werden. Und schau mal, welche Eigenschaften du Tieren zusprichst, vielleicht treu, ehrlich, vertrauensvoll, o.ä. Und dann frage dich, ob diese Eigenschaften ein Thema in deinem Leben sind. Denn es kann gut sein, dass du das dann auf Tiere projizierst.

Dem Tier selbst geht es darum, zu überleben und das kann es mit uns, deswegen z.B. läuft ein Hund ganz schnell hinter uns her, wenn er uns nicht mehr sieht, etc.

Wünschen wir uns das nicht alle, dass es so einfach auch in unseren Liebesbeziehungen ist? Wir sind einfach wie wir sind und der andere nimmt uns einfach so an und egal, wie wir gerade drauf sind, er würde uns niemals verlassen?

Geht das denn überhaupt zwischen zwei Menschen, uns der Liebe so sicher zu sein, wie das bei Tieren oft empfunden wird? Schließlich wollen wir ja nicht mit einem Menschen zusammen sein, der bei uns bleibt und uns nimmt, wie wir sind, weil er mit uns überleben kann – wobei es diese Liebesbeziehungen ja durchaus auch unter Menschen gibt.

Doch wenn du eine solche Liebesbeziehung nicht anstrebst und davon gehe ich aus, wenn du meinen Blog liest, welche Möglichkeiten gibt es dann?

Was zeichnet Tiere also aus?

  1. Sie leben im jetzigen Moment und zwar immer.
  2. Sie treten in Aktion, wenn die Situation es erfordert und hören auf, wenn sie vorbei ist.
  3. Sie bewerten nicht.

Heißt auf den Menschen übertragen:

  1. Nicht nachtragend sein, den logischen Verstand nutzen, um im Jetzt bleiben zu können, statt im Gestern oder Morgen.
  2. Aus der Reaktion rausgehen in die Aktion kommen und zwar da, wo es notwendig ist.
  3. Frei sein von Bewertung und Urteil

Das klingt doch eigentlich recht überschaubar und auch machbar für uns Menschen. Oder?

Und vor allem auch als erstrebenswert. Denn wenn unser Fokus im Alltag auf diese 3 überschaubaren Bereiche gerichtet ist, verspreche ich dir, wird sich deine Lebens- und vor allem auch Liebesqualität in recht kurzer Zeit merklich erhöhen. Vorausgesetzt, du hast nicht den Anspruch, es irgendwann so zu beherrschen, wie es Tiere auf ganz natürliche Weise tun. Betrachte sie als deinen Lehrer. Und wenn du dann noch Meditation, Yoga und andere Übungen machst, die deinen unablässigen Gedankenstrom unterbrechen können, wirst du schon eine Veränderung spüren.

Und dann geht es darum, zu erforschen, was du alles im Laufe deines Lebens in dir abgespeichert hast, was dazu führt, in die Bewertung über den anderen zu gehen oder andersherum sich vom anderen ständig bewerten zu lassen. In diesem Prozess der Selbsterforschung geht es auch darum, zu erkennen, was du von anderen an Überzeugungen übernommen hast, welche Glaubenssätze in dich eingepflanzt wurden und wie du dich von ihnen wieder lösen kannst, um dein eigenes Wesen leben zu können – auch darin unterscheiden sich Tiere von uns Menschen gravierend, sie leben sich selbst.

Herzlich

Deine Jivana

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