Letztens sprach ich davon, dass ich mich identifiziert fühlte mit den alten Geschichten und meine damit einen von 3 Mechanismen, die in frühen Bindungserfahrungen entstehen können.
Neben der Identifikation sind das noch die Introjektion und die Internalisierung. Jetzt ist es nicht wichtig, dass du dir die Begriffe merkst. Ihre Bedeutung kann dir jedoch viel Aufschluss über dein Beziehungsleben geben.
Bei der Introjektion behandelst du dich heute selbst so wie deine Eltern dich behandelt haben. Nehmen wir an, du bist sehr viel verurteilt worden als Kind. Dann ist es sehr wahrscheinlich, dass du dich heute selbst verurteilst, z.B. wenn dir etwas nicht gelingt. Oder wenn du einen Mann kennenlernst, der sich nicht auf dich einlassen will. Vielleicht denkst du dann so was wie: „Ich kann ja eh nichts.“, „Mit einer wie mir kann man ja auch nicht zusammen sein.“
Bei der Internalisierung ist es so als wären deine Eltern immer noch anwesend, obwohl sie es räumlich gar nicht sind. Sie sind präsent in deinem Innern und wirken von dort auf dich ein. Mal angenommen, du hast als Kind immer wieder gehört, dass du nicht so laut sein darfst und dich benehmen musst. Im Kontakt mit einem Mann bist du dann möglicherweise total angepasst und achtest sehr darauf, nicht aufzufallen.
Identifikation bedeutet, dass du den anderen so behandelst wie du selbst behandelt wurdest. Wenn du z.B sehr viel kontrolliert wurdest, kann es gut sein, dass du viel Kontrolle dem anderen gegenüber ausübst.
Zu erkennen, auf welche Weise verhalte ich mich mir und anderen gegenüber so wie ich selbst behandelt wurde, ist ein ganz wichtiger Schritt in Richtung emotionale Freiheit.
Denn wenn uns das nicht bewusst ist, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass wir den anderen verantwortlich machen für das Scheitern einer Beziehung. Wir sehen dann ausschließlich in ihm den Grund, warum die Beziehung nicht zustande kommt, wenn es nach dem ersten Kennenlernen nicht klappt.
Als Folge bleiben wir im Klagen über den anderen stecken. Das geht meistens so lange, bis ein neuer Mann in unser Leben tritt. Nun ist erstmal wieder alles gut, bis wir auch diesen Mann verantwortlich machen und wieder beginnen zu klagen. Wenn es um einen Mann geht, der gegangen ist und wiederkommt, dann verlangen wir oft, dass der sich erstmal ändern muss, bevor wir uns wieder auf ihn einlassen.
Das ist ja in sich auch schlüssig, denn wenn wir ihn verantwortlich gemacht haben für das Nichtgelingen der Beziehung, muss er es auch als einziger wieder geraderücken, bevor wir weitermachen können.
Doch das stimmt so natürlich nicht. Wir sind da immer mit dranbeteiligt. Wenn du beginnst, ein Muster in deinen Beziehungen zu erkennen, ist es sinnvoll, bei dir selbst zu schauen.
Hab keine Angst vor dem, was du da findest.
All das, was ich oben beschrieben habe, bist nicht du. Es ist nicht dein Wesen. Diese Bindungsmuster sind angelernt. Die gute Nachricht ist: Du kannst sie auch wieder verlernen.
Dazu ist es nötig, sie zu erkennen. Oft haben Frauen Angst, dann schuld zu sein, wenn sie ihre eigenen Muster erkennen. Doch damit hat es nichts zu tun. Im Gegenteil, es bedeutet Verantwortung zu übernehmen. Zu erkennen: „Ach so, jetzt verstehe ich, warum ich mich so verhalte und warum ich den anderen so wahrnehme.“ Es gilt, dich darin zu üben, genau das, was du da entdeckst in dir zu akzeptieren. Also „Ja“ zu dir selbst zu sagen, so wie du da gerade bist. Aus dieser Selbstakzeptanz heraus, wächst dann die Liebe zu dir selbst. Mit dieser Selbstakzeptanz und Selbstliebe kannst du den anderen auch mehr lassen, wer er ist, eben weil du dich selbst akzeptierst.
Aus diesem Ja zu dir selbst sagst du dann entweder auch Ja zum anderen oder eben sehr klar Nein, wenn er nicht der Mann ist, mit dem du zusammen sein willst.
Dann hört alles Klagen auf. Ohne Klagen und mit einem klaren Ja und/oder Nein wächst dein Selbstwertgefühl. So kommt eins zum anderen. Du erfährst das Gefühl von Selbstwirksamkeit, das wiederum steigert deine Selbstsicherheit und so kommt eine Kompetenzerfahrung zur nächsten.
Klingt gut, nicht wahr?
Doch wie komme ich dahin?, höre ich dich fragen.
Ich bin ja kein Freund von dem einen goldenen Weg, den es zu gehen gilt, wenn wir uns persönlich weiterentwickeln wollen. Doch wenn es um Beziehungen geht und speziell um die Beziehung zu uns selbst und zu einem Mann, dann führt kein Weg am Inneren Kind vorbei.
Was hat die Kleine in dir damals gelernt? Was wiederholt sie heute im Körper der erwachsenen Frau immer und immer wieder? Wie genau sehen die Beziehungen aus, die ihr und dir nicht guttun?
Das mit Hilfe des Inneren Kindes zu entdecken und aufzulösen, ist in diesem Falle dann doch der Königsweg.
Wie hat dir der Artikel gefallen? Konntest du etwas für dich mitnehmen? Hattest du ein Aha-Erlebnis? Erzähle mir gerne davon hier im Kommentar.
Ich freue mich, von dir zu lesen!
Herzliche Grüße
Deine Jivana
Danke dir, Jivana, für diesen prägnanten Artikel! Es ist genauso wie du es beschrieben hast – und es hilft so, dass du es so klar zum Ausdruck bringst und das „innere Wirken“ beschreibst.
Das große Thema Selbstwert, an dem hängt so viel… Die Schwierigkeiten, Grenzen zu kommunizieren, überhaupt zu fühlen, was will ich und wie möchte ichs haben, immer etwas zu nehmen als gar nichts zu bekommen, die eigene Scham, die Selbstzweifel… Das innere Kind Coaching bei dir hat mir wirklich einen guten Zugang und viele gute Methoden geraucht. Danke dafür und für dein Sein ✨
Liebe Kristina,
vielen Dank für deinen Kommentar. Das freut mich, dass der Artikel dir gefällt und dich wieder auf das Innere Kind Coaching rückbesinnen lässt. Ich habe dich gerade vor meinem inneren Auge und staune wieder über deine Veränderung und Transformation , die ich im Kurs bei dir erleben durfte.
Danke für dein Vertrauen und dass du dich so auf inneren Wachstum einlässt! So schön!
Herzliche Grüße
Jivana